25. August 2012

Von Leh nach Keylong ins Kullu-Tal und weiter nach Spiti

Da bin ich wieder. Bin jetzt in Shimla, nur noch 10 Stunden Busfahrt von Delhi entfernt und es schüttet und schüttet und....., (mein erster Dauerregen seit 3 Monaten) somit also auch nicht mehr so ganz weit weg von Jaipur und Udaipur :-).  Um es vorweg zu nehmen: gesundheitlich wieder einigermaßen ok, physisch noch nicht so ganz wieder, was  ihr verstehen werdet, wenn ihr meinen neuesten Post lesen werdet (Dramatik im Himalaya), der heute oder morgen nach den 2 anderen Posts kommen wird. Hab mich von dem gestrigen Tag noch nicht erholt.


Post vom 18.9. 
Nun will ich euch die Geschichte erzählen von einer mal wieder gewaltigen Bustour durch den Himalaya von Leh nach Keylong und den anschließenden Komplikationen. 

Es geht also um 4.00 Uhr morgens in Leh los. Es ist ausschließlich ein Touribus, kein local bus. Vor 7 Jahren war das noch ein ganz normaler local bus mit Einheimischen UND Touris. Ok, da muss ich durch. Dafür hab ich einen einigermaßen guten Sitz neben einem 16 Stunden schweigenden Chinesen! Die ca. 350 km lange Fahrt ist überwiegend NICHT asphaltiert, es wird also - wie schon gewohnt - über Geröll, durch recht tiefe Wasserfurchen und natürlich endlose Steinwege gerumpelt. Es geht an tiefen Abgründen vorbei. Besonders wird es am Abend interessant, als man nicht mehr die Hand vor Augen sieht. Ich denke natürlich automatisch an den gerade total überladenen, abgestürzten Bus (ca. 300 km entfernt), in dem 56 Inder gestorben sind, was mich nicht gerade beruhigt). Manchmal geht es millimeterweise an TATA-Trucks vorbei. Irgendwie erreichen wir tatsächlich nach mehr als 15 Stunden um 21.00 Uhr Keylong, 3.000 m hoch. Die meisten Leute haben den Bus mit einer Übernachtung hier gebucht und wollen am nächsten Morgen weiter nach Manali (DER Kiffer- Abhänge- und Touriort schlechthin, den ich natürlich - wie alle "In-Orte" meiden werde). 

Mir wurde gesagt, dass der Bus (wie bei meiner letzten Himalaya-Tour auch) direkt im Zentrum von Keylong halten würde und ich mir dann ein entspr. Gästehaus suchen könne. Wo hält er letztendlich im Regen? Außerhalb und oberhalb des Ortes, wo man nichts außer dunkelschwarzer Nacht sieht.  Man hat die Auswahl zwischen einem (recht teuren) Hotel und (recht passabel eingerichteten) Zelten. Ich bitte höflichst den Busfahrer, mich und einen Franzosen zum vereinbarten Ziel zum Busbahnhof zu fahren. Danach folgt sage und schreibe eine ganze Stunde Diskussion VOR dem Hotel im Regen mit diversen Männern. Der Hotelbesitzer weigert sich, mir bzw. uns zu helfen, die Anderen unternehmen auch nichts und stehen nur dumm rum. Wir werden minütlich unleidlicher. Man muss sich vorstellen: Wir haben 15 Stunden anstrengende Fahrt hinter uns, wenig gegessen und sind komplett kaputt und wollen nur noch eins: ins Bett. Nach einer halben Stunde resigniert der Franzose und nimmt ein Zelt (aber er fährt ja auch mit dem gleichen Bus am nächsten Tag weiter nach Manali). Ich gebe NICHT auf! Ich lasse mich nicht zwingen, in einem von der Buscompany arrangierten Hotel bzw. Zelt zu nächtigen, da ich 1. als Einzige, NICHT am nächsten Morgen um 7.00 Uhr mit dem Bus weiterfahren werde und 2. dort einfach NICHT übernachten will. Der Franzose bemerkt nach einer Weile, dass ich immer noch vor Ort bin und schaltet sich ein: Wie kann man eine Frau alleine nachts im Regen stehen lassen und sie nicht zum vereinbarten Punkt bringen? Mir wird gesagt, dass alle Hotels im Ort belegt seien und ein Festival dort stattfinden würde, was, wie sich später rausstellt, sogar stimmt, da indischer Independence Day ist. 

Letztendlich bringen mich 2 Männer zu Fuß mit meinem Gepäck auf den dunklen Weg ins Nichts. Ich latsche/klettere mit Taschenlampe und Restgepäck in den ca. 200 m tiefer gelegenen Ort - im Matsch, Regen usw. Unterdessen schimpfe ich wie ein Rohrspatz. Ergebnis: Tatsächlich auf Grund des Festivals: 1. Hotel voll, 2. Gästehaus voll usw. Auf keinen Fall gebe ich klein bei und kehre in das ursprüngliche Hotel zurück. Ich bin so kaputt, dass ich nicht mehr will und mich in einem klitzekleinen Restaurant einfach zu 2 Indern setze und sage: so, hier bin ich und hier bleibe ich, dann schlaf ich eben auf dem Tisch. Jedenfalls bewege ich mich nicht mehr von hier weg heute Nacht (inzwischen 22.30 Uhr). Die Inder sind junge ärchäologische Wissenschaftler, die ein paar Wochen in Keylong vor Ort sind. Sie meinen, ich scherze nur (aber dann merken sie doch, dass ich es Ernst meine :-), wir unterhalten uns toll - ich habe immer noch kein Quartier. Inzwischen lache ich nur noch und denke: irgendwas werden die schon mit mir veranstalten.... und tatsächlich. Sie telefonieren für mich rum und haben ein Quartier bei einer Kollegin gefunden - aber  - das Hotel weigert sich, mich in ihrem Zimmer schlafen zu lassen, klasse! Wir rennen in der Nacht im Matsch mit meinem Gepäck herum - und nach ca. einer 3/4 Stunde - nachdem sie dem Hotelbesitzer eine Story erzählt haben, dass ich ihre Kollegin - ebenfalls Wissenschaftlerin (so schnell kommt man zu Ehren :-)) - sei usw. usw. bekomme ich tatsächlich die letzte Ecke in dem Hotel. Egal, ich bin froh, die beiden sind entzückt, dass sie mir helfen konnten, und ich liege endlich nach inzwischen 22 Stunden in einem BETT.  Ich finde die ganze Situation inzwischen voll zum Lachen, ungewöhnlich und abenteuerlich. Irgendwie schlafe ich in der Kaschemme. 

Am nächsten Morgen - ich wache auf und glaube es nicht: ein Traum von einer Umgebung, ein sagenhaftes Örtchen, ein tolles Hotel mit tollen Zimmern und einer wahnsinnigen (Alpen-)Landschaft drum herum. Irre. Ich bekomme sofort ein neues Zimmer mit Aussichtsterrasse und bin nur noch happy. WAS für eine aufregende Tour. 
Das Festival ist den ganzen Tag am Gange, Eisverkäufer, Klamotten-, Schmuckstände  - alles ganz so wie bei uns auf einem Fest. Süße Kids, nette Leute usw. Ich bin selig wie schon lange nicht mehr. Der Weg, den ich gehe, ist doch richtig. 

Am Abend treffe ich einen indischen Ingenieur wieder (1 Jahr in Deutschland gewesen - ach - und er kennt die Messe in Hannover und schwärmt von DER tollen Organisation bei der Messe, von Hannover,  Berlin und dem gesamten Land (5 Ausrufezeichen  - na ja.....ihr kennt ja meine Meinung dazu.....lach), der auch im Bus war und entgegen ursprünglicher Planung hier geblieben ist. Wir verstehen uns prächtig und ich erzähle ihm, WAS Deutschland und seine Bewohner wirklich ausmacht und wie man dieses zu betrachten hat.  Wir bleiben von Minute an den restlichen Abend zusammen, gehen zum Festplatz und schauen uns (sogar als special guests, weil er Staatsbeamter ist und wir dadurch - eben Indien wie es leibt und lebt - Sonderplätze bekommen. Es werden supersüße, romantische, indisch-kitschige Bollywoodsongs geschmettert. Die Besucher, vor allem aber die männlichen Inder schauen fasziniert dem Spektakel zu und tanzen (die Frauen nicht). Meine Begleitung ist begeistert und ich ebenfalls, da ich die indischen Lieder auch sehr mag. Nach ein/zwei King Fisher-Bieren anschließend im Restaurant, liege ich (halbdune, aber happy :-))spät nachts im Bett. WAS passiert einem nicht alles in Indien!!!! WAS sind das alles für Widersprüche: zuerst Ärger und große Katastrophe, dann unendlich tolle Umgebung, nette, hilfsbereite, intelligente Menschen, tolle Gespräche, Feste. Ich weiß wieder, WARUM ich das Land und seine Bewohner so mag. 

Ich möchte eigentlich nur 2 Nächte hier bleiben, habe mich aber dermaßen auf der Bustour erkältet, bin richtig krank mit Gliederschmerzen und allem drum und dran, so dass ich nicht weiter kann. Ich treffe ein junges, deutsches Pärchen, die 10 Monate in Indien umher reisen und wir hängen zusammen ab. 
Ich hoffe, dass ich morgen weiter kann, bin mir aber nicht sicher. Es geht mir doch recht schlecht und für diese erneute Bustour (insgesamt wieder mind. 10 Stunden ab morgens 4.00 Uhr) muss ich fit sein. Wir werden sehen, wann's weiter geht....

Das nette Pärchen gibt mir ganz persönlich Mut: KEINE Möchtegern-Heiligen, KEINE "Volunteersüchtige" sondern mutige, studierte, abenteuerlustige, KRITISCHE, junge Leute von 26 und 27 Jahren, die das Leben und Arbeiten in unserer deutschen Zwangsgesellschaft satt haben und nach neuen Wegen suchen - und das Alles OHNE "heilsuchende und Helfer-Ambitionen". Sie meinen: DAS kann es doch nicht sein: Für den "Rest" ihres noch so jungen Lebens in der deutschen, stupiden, lust- und freudlosen, immer stressigeren, fremdbestimmten, beruflichen Umgebung zu malochen!! DAS gibt Hoffnung! Ich wünsche mir, dass die gesamte Generation der 20-Jährigen neue Wege beschreitet, die esoterische New-Age-Phase der derzeitigen 40/50-jährigen Altersgruppe nicht mitmachen wird, auf der Suche nach neuen Lebensmodellen bleibt, kritisch gesellschaftliche Entwicklungen betrachtet und nachdenklich und mutig bleibt.

"Mein persönlicher Truck"

Umsteigeort nach Spiti, wo ich den obigen Truck "auftue"
alles supernette Truckfahrer, die sich freuen, dass ich mit dem links sitzenden Fahrer unterwegs bin

der örtlich "ansässige" Lama, lebt im Zelt inmitten von viel nature und sonst nix

meine nette Mitfahrerin im Truck, die vor Ort ihr "Hotel" hat
(ein Zelt mit Schlafplätzen und Restaurant, süß)
So sieht die Piste aus

ich hoffe, man erkennt das gewaltige Wasser auf den Bergwegen
mein netter Truckdriver
aus dem Truck heraus. Es geht immer am Fluß lang
diese Augen will ich auf meinem "Truck" haben
irrsinnig schöne Landschaft

Truck und Landschaft 
Endlich Spiti, wieder andere Landschaft
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ich sitze am Steuer, was man aber leider nicht sehen kann,
IM Truck, ein irre tolles Erlebnis,
wenn's mich auch 3 Tage Durchfall, Erkältung, Fieber kostet