13. Mai 2018

1999 Indien - Andamanen




 

Weihnachten 1999 auf den Andamanen


Das Einzige, was ich über die Andamanen wußte, war, dass sie irgendwo im Golf von Bengalen liegen, weit und breit von jedem Festland entfernt, früher mal Sträflingskolonie von Indien und übersät mit Ur-Einwohnern, die Neuankömmlinge mit Giftpfeilen begrüßen. Mehr war mir bis vor einem halben Jahr nicht über diese Inselchen bekannt. Grund genug, sie einmal näher kennenzulernen. Also, nichts wie hin.

Interessanter wäre es natürlich gewesen, wenn ich die 3-tägige Schiffsfahrt nach Port Blair - Hauptort der Andamanen, gebucht hätte. Da ich mich aber auf Schiffen üblicherweise mehr mit dem „Füttern der Fische“, halb sterbend über der Reling hängend, beschäftige als mit meiner Umgebung, entschloss ich mich dann doch, das große Loch in meine Urlaubskasse zu reißen und den Hin- und Rückflug – immerhin 400 $ für je 2 Std. Flug - zu buchen, in der Hoffnung, dass man mich weder einbuchten würde noch wollte ich von einem Giftpfeil getroffen werden (immer wieder heimlich gehegter, auf mich bezogener Wunschtraum einiger Arbeitskollegen).

Ja, also wo und was sind sie also wirklich – die Andamanen?


Kurz zur Historie: Im frühen 18. Jahrhundert bereitete Admiral Angre auf den Andamanen seine Überfälle auf europäische Seeflotten vor. Dann übernahmen die Briten das Regiment und etablierten 1857 die gefürchteste Sträflingskolonie ganz Indiens. 1947 wurden die Inseln in die Indian Union im Rahmen der Unabhängigkeit von Indien mit eingeschlossen.

Es ist ein Archipel von 572 tropischen Inseln, gestreut über eine Länge von 700 km mitten im Golf von Bengalen zwischen Indien und Myanmar (Burma), 1190 km von Madras entfernt. 280.000 Menschen leben auf nur 38 Inseln; ansonsten prägen einsame weiße Strände und immergrüner Dschungel das unberührte Paradies. Bis in unser Jahrhundert lebten einzig sechs kulturell verschiedene Stämme in der Abgeschiedenheit. Heute machen die Ur-Einwohner noch 20 % der Bevölkerung aus. Der Rest der Bewohner setzt sich aus Einwanderern aus den div. asiatischen Umländern zusammen. Während Indien lange Zeit versuchte, diese „Primitiven“ durch die Einwanderung vorwiegend von Tamilen zu zivilisieren, sind die Stämme der Nikobaren und nördlichen Andamanen heute vor dem Zugang von Fremden geschützt. Wer dieses Verbot mißachtet, riskiert es auch heute noch, vom Giftpfeil eines Einheimischen begrüßt zu werden, was, wie mir erzählt wurde, mindestens 2-3 Neugierige pro Jahr betrifft. Gefahrlos besuchen kann man hingegen die südlichen Andamanen mit dem Hauptort Port Blair. Bei der Einreise bekommt man ein 30-Tage-Permit, das erlaubt, nur auf die bestimmten Inseln zu reisen.



Nach dem herrlichen Flug über die vielen einsamen Inseln im grün/blauen Wasser kommt erst einmal der Schock. Ich denke, ich glaub’s nicht. Ein Ort wie manche indische Großstädte – stinkend, lärmend, volle Straßen. Warum zum Teufel habe ich bloß so viel Geld für so etwas bezahlt, frage ich mich, verzweifelt auf der Suche nach einer erträglichen Unterkunft. Die auf dem Flughafen gesehenen Backpacker – immerhin doch ca. 10 – 15 Leute – sind alle plötzlich verschwunden. Die Hotels sind voll – it’s Christmas time, my lady, wird mir immer wieder gesagt. Na, das fängt ja gut an. Ich ergattere schließlich ein Zimmer, habe dann auch schnell das für mich inzwischen lebensnotwendige Fortbewegungsmittel in Indien – einen Roller. Die ersten Fahrversuche hatte ich bereits auf dem Festland in Indien schon hinter mir inmitten von Rikschas, Lastkarren, stinkenden LKW und hupenden Busruinen, dazwischen ein paar Elefanten und jede Menge Kühe, alles in einem wirren Knäuel ineinander verstrickt. Wer das überlebt, den schafft nichts mehr. Im Gegenteil, nach einer Zeit wagte ich es sogar mit meinem kleinen motorisierten Gefährt, mich mit einem Auto bzw. Bus anzulegen, indem ich den entsprechenden Gegenpart genauso versucht habe wegzuhupen wie umgekehrt. Irritierte Blicke der jeweiligen Fahrer störten mich immer weniger. Frau muß nur selbstbewußt und dreist genug sein. Dies nur ein kleiner Ausflug zum Thema Mopedfahren in Indien.

Irgendwie überstehe ich auch die 2 Tage in Port Blair, bin jedoch völlig niedergeschmettert, denke mit Schrecken an Weihnachten und bedaure mich selber mit dem Gefühl, dass man auch manchmal einsam sein kann auf solchen Reisen. Der Besuch im 150 Jahre alten Gefängnis trägt auch nicht gerade zur Stimmungsverbesserung bei, aber immerhin werde ich nicht eingekerkert, ist ja schon mal was!

Tags darauf buche ich dann trotz diverser Warnungen, dass sämtliche Inseln mit indischen Weihnachtsurlaubern besetzt wären, mein Schiffsticket auf die 45 km entfernte Havelock Island. Es muss ein Wunder sein, dass wir auf dem nach übelsten Klogerüchen stinkenden, verrosteten und schwankenden Klapperkahn – die Fische kommen mal wieder voll auf ihre Kosten - trotz aller Löcher im Deck nicht untergehen. Ich höre Schreckensmeldungen mit vollen Unterkünften, Zeltübernachtungen mitten im Dschungel, Sandflöhen, Schlangen etc. Na, wunderbar.
Doch dann wird’s wie immer nach ein paar trüben Tagen wieder super. Treffe auf der 6-stündigen Überfahrt 2 nette deutsche Frauen, die wenigstens eine Übernachtung fest gebucht haben und mich im Notfall dort auch nächtigen lassen wollen. Gespräche mit betuchten Indern folgen, u. a.mit einem süßen indischen Pärchen, sie ca. 15, er ca. 17 Jahre alt, frisch verheiratet. Da sie aussieht wie ein geschmückter Tannenbaum, überlegen wir, ob es ihr Hochzeitskleid ist, ober ob sie sich schon weihnachtlich vorbereitet hat. Apropos, wir staunen, wieviele Rucksackreisende doch ihren eingepackten Tannenbaum mitschleppen – tja, etwas Konservatives hat doch so mancher an sich, von dem man es nicht vermutet.....
Delphine säumen unseren Weg, glasklares blau/grünes Wasser, einsame Inseln mit kilometerlangen Sandstränden säumen unseren Weg. Sollte unsere Insel wirklich auch so toll sein? Wir können es kaum erwarten. Und tatsächlich! Nur das nördliche Drittel von Havelock Island ist von bengalischen Siedlern bewohnt, postkartenweiße Strände, türkieses Wasser, Korallenriffe, Delphine und Schildkröten leben rund um die Insel. Jedes Dorf hat statt Namen eine Nummer; na, ist mal was anderes. Ich fahre mit dem Jeep auf der einzigen Straße zur beach no. 7. Es ist wirklich wie im Märchen. Eine kilometerlange einsame Sandbucht, Dschungel mit 10 m hohen Bäumen, ein paar Obst und Gemüse-Verkaufsbüdchen, 2 Bretterbuden, die Restaurant’s sein sollen – und das Tentresort mitten im Dschungel. Man stellt also ca. 20 verrottete alte Zelte, ausgestattet mit jeweils 2 Gestellen (Betten) zur Verfügung. Hängematten sind an den Bäumen ebenfalls befestigt. Da ich die Umgebung so schön finde, bin ich natürlich auch bereit, in diesen Zelten zu schlafen. Doch Pustekuchen. Alles belegt. Man will mich schon wieder zum Bootsanlegerort No. 1 fahren, als ich darauf bestehe, doch noch einmal tiefer im Dschungel nachzuforschen. Dort treffe ich dann überraschenderweise auf eine nette junge Schweizerin, verheiratet mit einem Inder, die dort eine Bungalowsiedlung gebaut haben. Es gibt ca. 10 Hüttchen, vorne offen, auf Stelzen vor Tieren geschützt, ausgestattet mit 2 Matratzen und einem Moskitonetz, natürlich alles belegt. Aber nach einigem Überreden bekomme ich dann doch noch für eine Nacht einen der Bungalows, der immerhin unglaubliche DM 60,-- die Nacht kostet, jedoch ausgesprochen komfortabel ist. Meine beiden Reisefrauen kommen dann den nächsten Tag und wir teilen uns die Unterkunft für weitere 9 Nächte.

Was folgt sind interessante Gespräche mit Leuten aus aller Welt, abends unerwartete tolle Fischmenus und natürlich Sonnenuntergänge am Strand (Sandflöhe werden einfach nicht beachtet, obwohl ich zugeben muss, dass die Stiche manchmal sehr nervig sind). Morgens geht eine von uns erst einmal das Frühstück holen – nämlich Bananen von einem der vielen Bäume rund ums Haus. Einen Tag machen wir eine Session mit Verkleidung.

Wir zaubern uns aus den Bananenblättern bzw. -blüten Herzröckchen, schmücken uns mit Taucherbrillen und Hibiskusblüten und machen viele Fotos mit Stativ. Gut, dass uns mitten im Dschungel keiner sehen kann (nach dem Motto: Mein Gott, sind die Deutschen doof!). Meinen ersten Tauchgang inmitten von Korallen überlebe ich auch unerwarteterweise, was nicht zuletzt an einem schönen, jungen Tauchlehrer aus der Schweiz liegt, der mich so liebevoll unter Wasser betreut, dass schnell der Wunsch nach einer ebenso liebevollen Betreuung über Wasser aufkommt (da ich weiß, dass ihr alle neugierig seid: es blieb bei der Unterwasserbetreuung!!). – Und wen treffe ich noch? Ich überlege, woher kennst du bloß diese Gesichter? Sind das nicht der Norbert und die Sonja aus der dzg? So klein ist die Welt. Da ich noch nicht so lange Mitglied bin, kannten die beiden mich noch nicht persönlich, was ich dann schnell änderte.
Leider mußten sie 1 Tag später den Heimweg wieder antreten. Dennoch hatten wir ein paar Stündchen, um uns auszutauschen.

Die Tage vergehen unmerklich und man kann es sich nicht vorstellen, dass wir den 22. Dezember haben und in 28 ° warmem Wasser baden. Warum kann es nicht immer so paradiesisch sein? Aber vermutlich würde es dann auch mal langweilig werden, oder es müßte mindestens einmal am Tag ein Tiger oder eine Schlange zu Besuch vorbeikommen........................oder ein Tauchlehrer!


Einen Tag vor Weihnachten verlasse ich dieses Paradies, um in Port Blair am 24.12. um 24.00 Uhr eine Open-Air Weihnachtsmesse mit 5.000 Leuten zu verleben, wobei noch zu erwähnen ist, dass die andamanische Bevölkerung überwiegend aus Katholiken besteht. Auf dieses Ereignis hatte ich mich im Vorfeld besonders gefreut, aber, wie alles im Leben, ist auch dieses unkalkulierbar. Die Feier findet auf einer Wiese neben der Kirche statt.

Es wird gefeiert wie bei einem Volksfest einschl. Eisverkauf, Flohmarktartikeln und kitschig-gemalten Christus-Bildern. Wie bei einem deutschen Open-Air-Konzert ist eine Bühne aufgebaut, worauf die „Künstler“ (Pastöre) ihre Messe zelebrieren, allerdings mit einem Unterschied, es ist alles indisch-bunt, kitschig – und natürlich wie immer l a u t . Es befinden sich 2 Lautsprecher auf diesem großen Platz, unter einem stehe ich. Für mich ist es heute noch unvorstellbar, wie ich das 2 Stunden überleben konnte. Es werden – so scheint mir – nur die hohen Töne der Tonleiter gesungen, Lautsprecher auf voller Lautstärke , völlig überdreht und natürlich kaputt. Ich hatte wirklich keine deutsche Weihnacht erwartet, jedoch eine wenig stimmungsvollere und vor allem ruhigere Atmosphäre (wie ich dann später noch in anderen Kirchen in Indien erlebt habe) hätte mir an diesem Abend gut getan. Nun gut, ich wollte es nicht anders.

2 Tage später kommt dann der Abschied von diesen paradiesischen Inseln. Einerseits bedauerte ich es, andererseits freute ich mich schon auf mein nächstes Kapitel, etwas vollständig anderes, nämlich auf Auroville – eine internationale, in Südindien gelegene Zukunftsstadt des inneren Wachstums und des Friedens , auf die ich mich schon seit vielen Jahren vorbereitet und gefreut hatte und die mich nicht mehr loslassen sollte. Doch davon erzähle ich euch in meinem nächsten Bericht.

Annette Weirich (1999 / 2000)                                                  








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25. April 2018

1996 Warum reist frau alleine


Warum reist frau alleine durch Urwald und Steppe?


Ständig werde ich gefragt: Hast Du keine Angst? - Bist Du nicht einsam? - Woher nimmst Du Deinen Mut? - Warum reist Du alleine? usw. usw.

Mit meinem Bericht möchte ich nun andere Frauen, vielleicht auch nicht mehr so ganz jung an Jahren wie ich, ermutigen, diesen offensichtlich noch immer ungewöhnlichen Schritt zu unternehmen - und gleichzeitig Männern aufzeigen: Es geht auch mal ohne euch!

Die Welt des Reisens hat mich schon seit Jahren gepackt. Bereits im Jahre 1979 habe ich zusammen mit meinem damaligen Mann, ausgehend von Australien mit Frechtschiff, Neuseeland durchstreift. Doch meine wahre Liebe galt immer dem Urwald und dem Abenteuer. 1990 entschloss ich mich spontan, einen 6-wöchigen Tripp nach Indonesien zu unternehmen und flog kurzerhand nach Singapur, ohne KKM: Kind, Kegel, Mann. Nach den ersten stark gewöhnungsbedürftigen Nächten an einer 8-spurigen Straße im "Why not homestay"-Guesthouse in einem ca. 20 Männlein-Weiblein-Schlafsaal und dem ersten "Schock" des Exotischen ging's weiter mit Flugzeug nach Sumatra, anschließend per Bus, Schiff, Zug, Motorrad, etc. nach Java, Bali, Lombok - und (für Kenner) Gili Travangan. Meine Erfahrungen mit Urwald, mit dem ich das erste Mal zus. mit meinen beiden indonesischen Führern für ein paar Tage Kontakt hatte, mit der einheimischen Bevölkerung und dem Alleinreisen waren durchweg positiv. Fast überall wurde ich bestaunt und immer wieder gefragt: Warum reist Du allein? Auf diese Frage muss frau situationsbedingt antworten: allein unter Frauen, was selten der Fall ist: die Wahrheit, allein unterMännern: Interesse am Land, schreibe ein Buch, Ehemann hütet zu Hause die beiden Kinder (Bilder immer in der Tasche)! Resultat: Alle sind zufrieden und ich kann beruhigt meiner Wege gehen. Auf dieser Reise traf ich auch eine ganze Menge Traveller aus aller Welt, die ich dann im weiteren Verlauf manchmal wiedergetroffen habe. Ab und zu sind wir zusammen weitergereist, dann mal wieder alleine weiter usw.

Nach diesen erfolgreichen Wochen bekam ich noch mehr Mut und plante meine nächste Reise nach Borneo unter dem Motto: Allein unter Kopfjägern!
Ausgehend von Kuala Lumpur startet ich in Sabah, Kuta Kinabalu, dem malaysischen Teil von Borneo. Von dort ging es mit Bussen weiter in den Norden der Insel, anschließend auf dem Seewege in den indonesischen Teil Kalimantan.
Die Reise führte mich weiter in den Süden. Es folgte ein kurzer Abstecher nach Sulawesi zum Tauchen. Auf dieser 2 1/2 tägigen Schiffsfahrt traf ich den einzigen Europäer unter ca. 300 Indonesiern, nämlich Erich, den deutschen Schiffssicherheitsingenieur, der sich freute, mir das einzige freie Plätzchen in seiner Kabine zur Übernachtung anbieten zu können und (ausschließlich) glücklich war, endlich mal wieder Deutsch sprechen zu können, was er dann auch fast ununterbrochen tat.
Sobald ich mich aus meiner Kabine herauswagte, sprach es sich auf dem Schiff wie ein Lauffeuer herum, dass "die Fremde" draußen wäre, und innerhalb von 5 Minuten war ich umringt von ca. 30 Leuten, die mich bestaunten. Dann weiter auf Borneo per Bus und Mini-Flugzeug (4 männl. Passagiere, 1 Pilot)
wieder aus dem indonesischen Teil in den malaysischen Staat Sarawak. Meine beiden Tripps auf einem der zahlreichen Wasserstraßen ins Landesinnere mit jeweils einem indonesischen Führer verliefen auch sehr positiv und abenteuerlich. Die Familie wurde mir vorgestellt, ich wurde zusammen mit allen fotografiert, hinterließ ein paar deutsche "Andenken" und alle waren glücklich. Von dieser Reise muss ich allerdings sagen, dass ich zu oft alleine nur mit den Einheimischen war und ich sehnte mich nach den meist sehr lustigen und netten Zusammentreffen mit anderen backpackern. Wo ich auftauchte erregte ich Aufsehen und wurde bestaunt, was einem nach einer Zeit doch sehr auf den Nerv gehen kann. Die fehlenden Englischkenntniss der Insulaner waren dann auch manchmal zeitraubend und anstrengend, worauf ich beschloss, vor der nächsten Reise die entsprechende Sprache einigermaßen zu erlernen.

Meine weiteren Erfahrunge in Marokko waren manchmal sehr nervend, da die arabischen Männer doch recht aufdringlich sind, besonders wenn sie mitbekommen, dass frau Französisch spricht. Mir wurde auch einmal nach längeren Diskussionen mit einem marokkanischen Mathematiklehrer gesagt, dass er es nicht gut fände, wenn selbstbewusste, alleinreisende und dann noch in seinen Augen feministische Frauen "aufrührerisches Gedankentum" in sein Land brächten und er wolle sich nicht länger mit mir unterhalten. Andererseits war ein Hotelbesitzer total begeistert, wollte mich heiraten und hatte die Idee, dass ich marokkanische Frauen selbstbewusster in ihrer Eigenschaft als Frau unterstützen solle.

Die Gründe für meine alleinigen Unternehmen sind pragmatischer Art: Reisen ist meine absolute Leidenschaft. Ich habe nichts dagegen, mit einem Freund oder Freundin zusammen zu reisen. Dieses scheiterte meistens jedoch an der bei manchen noch vorhandenen Familie, Geld, Mut, Zeit oder auch mangels Masse an entsprechenden Leuten. Dadurch dachte ich: Wat mut, dat mut, reise alleine, wenn Du die Welt kennenlernenwillst und warte nicht auf Mitreisenden, denn dafür ist das Leben zu kurz und Leute trifft frau unterwegs meistens genug! Was den Mut anbelangt, so wächst er mit der Zeit immer mehr. Wenn frau selbstbewusst auftritt, weiß, was sie will, ebnet Mann ihr wirklich den Weg. Zum Thema Einsamkeit muss gesagt werden, dass man unterscheiden muss zwischen Alleinsein und Einsamsein. Voraussetzungen für das Alleinsein auf Reisen sind psychologische Kenntnisse der eigenenPersönlichkeit, das Wissen, auch mit schwierigen Situationen allein fertig werden zu können, wunderschöne Erlebnisse auch alleine genießen zu können sowie gutes Informationsmaterial für entsprechende Rucksackreisen. Einsamkeit stellt sich manchmal an blau-grünem Wasser, einsamen Korallenstränden, wunderschönen, rauchenden Vulkanen und bei phantastischen Erlebnissen ein, wenn dann gerade nicht der /die entsprechende Freund/In da ist, um das mit einem zu teilen. Doch diese Momente vergehen meistens schnell, da ich weiß, dass zu Hause gnügend Freunde da sind, die später intensiv an den Erlebnissen Interesse haben werden.

Erwähnen möchte ich noch, dass ich mich seit jeher bemühe, einen sanften Tourismus zu praktizieren, d.h. mich in einer unweltverträglichen und sozialverantwortlichen Art und Weise in den jeweiligen Ländern zu verhalten.

Meine nächste Reise wird mich nun in ein für mich neues Gebiet, nämlich nach Mittelamerika, nach Costa Rica und Panama führen, von wo aus ich später über den berühmt/berüchtigten Darien-Trek in den Choco-Regenwald nach Kolumbien wandern möchte. Mal sehen, was mich dort erwartet!

Also auf, Frauen: Fehlen die entsprechenden Mitreisenden und ihr habt Lust, die Welt zuz entdecken, reist, reist! Es ist ungefährlicher als ihr denkt. Doch bemüht euch auch, dieses in einer integrativen Form zu tun.

Annette Weirich (1996)





1998 Indien











Reisebericht aus dem Jahre 1998


Indien                                
Land der Widersprüche
das gänzlich Andere, das völlig Unerwartete


Von meinen Freunden hatte ich gehört: „Entweder Du fährst einmal und nie wieder hin, oder die Faszination dieses Subkontinents packt Dich und bleibt für immer bestehen. Dieses Land ist anders“. Nirgendwo ist dieser Satz so angebracht wie in Indien. Das gilt nicht nur für Gestikulation und Verhaltensweisen. Das gilt auch für Sitten und Gebräuche, für Religion und Kultur, für Festlichkeiten und Alltagsleben. Indien hat seinen eigenen Geruch. Wo geht der Respekt vor allen Lebewesen so weit, dass vegetarisches Essen als einzig denkbare Ernährungsweise erscheint? Wo bitte sonst noch weigern sich Menschen gar, Kleidung zu tragen, aus Angst, sie könnten andere Kreaturen damit verletzen? Wo hockt der Friseur mit nichts anderem in der Hand als dem Zeichen seines Standes, der Schere, auf der Straße und wartet auf Kundschaft? Wo sonst gibt es Menschen auf der Suche nach dem spirituellen Weg, die alle irdischen Annehmlichkeiten ablegen und oft unter großen Entbehrungen in der Abgeschiedenheit leben?  -   Aber auch das andere Indien gibt es: Wo sonst können Kühle heilig sein, während Menschen verhungern?

Der Reiz, dieses Land auf meine eigene Weise zu bereisen, wurde immer größer. Es dauerte aber noch eine ganze Weile, bevor ich mich entschloss, ein so widersprüchliches und dazu noch so armes Land alleine zu entdecken. Hinzu kam die Überlegung, dass die indischen Frauen einen Hauptwiderspruch darstellen: mit Recht lässt sich sagen, dass sie in außergewöhnlichem Maß unterdrückt werden, und ebenso wahr ist, dass sie außergewöhnlich selbstbewusst und vielleicht sogar außergewöhnlich frei sind. In den achtzehn Jahren, da Indien von einer Frau regiert wurde, haben auch Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen massiv zugenommen. Dieses ist für Indien nicht ungewöhnlich. Auf meiner Reise habe ich viele Frauen in allen möglichen Berufen gesehen: Ärztinnen, Krankenschwestern, Lehrerinnen, Ingenieurinnen, Wissenschaftlerinnen und gleichzeitig habe ich der Presse entnehmen können, dass täglich Vergehen gegen Frauen stattfinden. Die Frau als Staatsoberhaupt und als Gewaltopfer: Das sind lediglich Extreme einer wesentlich komlexeren Realität. Die indische Frauenbewegung ist präsent und lebendig. Dass sie nicht als einheitliche Strömung zu erkennen ist, mag der Grund dafür sein, dass sie nicht in ihrer ganzen Breite wahrgenommen wird; richtigerweise müsste man aber gerade in dieser Pluralität eine Stärke sehen. In einer Kultur, die so vielfältig und so traditionsreich ist wie die indische, ist es nicht einfach, Verhältnisse zu ändern, welche - wie die meisten Anliegen der Frauenbewegung - die Grundlagen der Gesellschaftstruktur betreffen.
Soweit ein paar Gedanken zu dem Thema Frauen in Indien.

Mit einer großen Portion Angst und Respekt landete ich in Delhi, einer jener indischen Moloche, einer Hauptstadt mit über acht Millionen Einwohnern. Von Hannover aus hatte ich per Telefon ein Bett im YMCA geordert auf den Namen „Weirich - Deutschland“! Und tatsächlich - das Unerwartete geschah. Mein Zimmer war reserviert - auf der einen Seite ein dunkles Loch mit zugezogenen Gardinen, auf der anderen Seite wurde der Eingang des Hotels Tag und Nacht bewacht, selten hatte ich das Gefühl, so behütet zu wohnen.
Am nächsten Tag wollte ich meine Busfahrt in den Himalaya, nach Leh, Ladakh, höchstgelegene Region Indiens, buchen. Das erste Mal hörte ich hier die Worte: No problem. Diese sollten mich auf der ganzen Reise begleiten. Der Inder sieht in nichts Organisatorischem ein Problem. In Wahrheit ist jedoch alles ein Problem: Die richtige Straße bzw. das richtige Haus zu finden in einem bunten Schilderwald, aufgrund mangelnder Englischkenntnisse der Inder erhält man falsche Antworten, Rikschafahrer, die mich in eine andere Richtung bringen, um mehr Rupees zu bekommen, ohrenbetäubender Straßenlärm, Gestank, Kaufen eines Zugtickets. Bettelei, etc. etc.

Zurück zu meiner Busbuchung: Ein weiteres Problem tut sich auf: „Road is closed“, wird mir gesagt (wegen Überschwemmung der Straße). Nach einigen anderen Schwierigkeiten bekomme ich dann 5 Tage später einen Flug nach Ladakh. Zuvor nehme ich mir noch einen Jeep mit Fahrer und lasse mich zum Taj Mahal und nach Rajastan fahren. Die ganzen 3 Tage ist die Luft voll von Abgasen. Wracks säumen die „Straße“. „Please horn“ steht hinten auf vielen LKW’s. Jeder hupt immer, und jeder hupt anders. Die indische Hupe blökt, trötet, pfeift je nach PS-Kaste des Gefährts. Sie ersetzt die gesamte europäische Straßenverkehrsordnung samt Ampeln und Schilderwald. Ein Tag und Nacht brummender, hupender Kreisel aus Autos und Auto-Rikschas, Lastträgern, Lastwagen und Karren, vor die ein Kamel gespannt ist, ein Büffel, ein Esel. Wer nicht einmal einen Esel und auch keinen Karren besitzt, schleppt seine Habe, das kann ein ganzes Geschäft sein, ein kompletter Haushalt, auf dem Kopf umher. Teeverkäufer, Brahmanen („menschliche Götter“ - oberste Schicht der Kastengesellschaft), heilige Kühe, unheilige Ziegen und Schweine, ausgetrocknete alte Weiblein, junge Mädchen auf dem Sozius eines Motorrollers bahnen sich ihren Weg. Vor meinen Füßen kickt ein Auto einen Esel einen halben Meter vor. Ein kurzer böser Blick des Eselbesitzers, ein bedauernder Blick zurück, zwei Lächeln. In den Straßen kochen und hämmern, schneiden und feilen dicht an dicht Hunderte kleiner Handwerker in ihren offenen Stuben. Wie 1000 Jahre vor der Erfindung der Zahnbürste bieten Frauen frischgeschnittene Zweige zum Kauen feil. Sie reinigen die Zähne und kräftigen das Zahnfleisch. Unübersehbar und für mich schockierend ist jedoch Indiens Armut: Unterernährte Kinder mit aufgetriebenen Bäuchen, verendende Hunde und Katzen, die Hand eines verkrüppelten Bettlers, die in das im Stau steckende Taxi hineingeschoben wird. Ein paar aus Mitleid gegebene Rupees riefen einmal blankes Entsetzen bei mir hervor, da nämlich wie aus dem Nichts Dutzende von Kinder erschienen in der Hoffnung auf weitere Geschenke. Ich mußte mir klarwerden, dieses Problem kann ich nicht lösen. Ich mußte meinen eigenen Weg finden, mich abzuschotten ohne darüber zu vergessen, dass niemand aus Vergnügen bettelt. Beschämend ist nur für mich immer wieder gewesen, dass selbst die Ärmsten der Armen so sehr gastfreundlich sind.

Dann kommt mein heißersehnter Flug in den Himalaya. Dies bedeutete erst einmal vorab: 3.30 Uhr Aufstehen, Taxi zum Abfahrtspunkt Richtung Flughafen, Warten in Delhi auf fast menschenleerer Straße auf einen evtl. kommenden Bus, nur Bettler liegen vereinzelt in der Ecke, Rikscha-Fahrer wollen mir einreden, dass der Bus nicht kommt. Angst schleicht sich ein mit dem Gedanken: Wie verrückt muß ein Mensch sein, sich solch einer Situation freiwillig auszusetzen?
Unerwarteterweise erscheint dann der Bus sogar pünktlich auf die Minute und die Belohnung für den Stress folgt ebenfalls: Sonnenaufgang über dem 7000 m hohen Gebirgsmassiv. Ein kaum zu beschreibendes Gefühl und Erlebnis, fast schon unwirklich wie im Traum.
Endlich die ersehnte Ankunft im herbstlichen Leh, Ladakh, 3.554 m hoch, - die Inkarnation des tibetanischen Buddhismus . Ein wunderschönes „Schaufenster-Zimmer“ in einem süßen kleinen Guesthouse, umrundet von den schneebedeckten Gipfeln des Himalayas, erwartet mich. Mitreisende aus aller Welt sind immer wieder meine Begleiter. Trotz aller beschriebenen Warnungen bewege ich mich dann am ersten Tag zu viel in der Höhe und bekomme prompt AMS (Accute Mountain Sickness) Symptome: Appetitlosigkeit , starke Kopfschmerzen, Lethargie, Atemlosigkeit. Nach einem Tag Ruhe und Einnahme von mitgebrachten Tabletten vergehen die Schmerzen. Eine Woche verbringe ich unter diesen friedvollen, freundlichen, liebenswerten und gefühlvollen Menschen. Überall sitzen die Lydakhi herum, rauchen, trinken Tee und handeln. Die Ernte wird eingefahren. Frauen treiben stundenlang singend Heu-dreschende Esel an. Das Ganze ist einfach paradiesisch! Ich werde eingeladen bei einer heimischen Familie zum berühmten Buttertee, den ich dann heimlich hinter mir im Gebüsch versickern lasse, da er für meinen europäischen Gaumen einfach ungenießbar ist.

Meinen ursprünglichen Wunsch, eine Busreise nach Kaschmir erfülle ich mir nicht, da dieses Gebiet zur Zeit noch Kriegsgebiet ist. Seit 1989 findet in Kaschmir ein bewaffneter Guerillakampf gegen die Zugehörigkeit Kaschmirs zu Indien statt. Verschiedene Gruppen bekämpfen die indische Regierung in Gestalt ihrer Armee mit unterschiedlichen Zielen. Einige bestehen auf der Unabhängigkeit Kaschmirs, andere wünschen einen Anschluß an Pakistan. Letztere werden durch verschiedene politische Kräfte in Pakistan tatkräftig unterstützt.

So fahre ich dann mit diversen Bussen in insgesamt 4 Tagen ( teilweise 16 Stunden pro Tag) eine Strecke von 1.250 km nach Delhi zurück. Ach ja, nicht zu vergessen, wieder eine nächtliche Abfahrt um 3.30 Uhr von Ladakh aus (diese Uhrzeit scheint mich zu verfolgen), kläffende Hunde um mich herum, elektrisches Licht gibt es mal wieder nicht, also mache ich mich mit Rucksack, Tüten und Taschen und der Hoffnung auf eine funktionierende Taschenlampe auf den halbstündigen Weg, Schweiß rinnt mir beim Aufladen meines Rucksackes auf den Bus den Rücken herunter - bin schon mit den Nerven fertig bevor es losgeht. Im Bus sitzen 30 Männer, 1 Baby und dazwischen befinde ich mich.
Dann jedoch wieder ein Highlight meiner Reise: Wir passieren 3 extrem hohe Pässe und die kurvenreiche Gebirgsstraße führt uns über die zweithöchste befahrbare Strecke der Welt, wir überfahren den 5.320 m hohen Taglangla. Unterwegs wechselnde Landschaften - mal öde wie der Mond, Gletscherwassser läßt nur ein paar kleine Felder ergrünen - mal hängen Häuser wie Chalets in den Bergen und ich fühle mich wie in der Schweiz, glasklare Flüsse begleiten unseren Weg. Von buddhistischen Tempeln klingt der zarte Schlag der Windglocken. Hinter den Panoramen des Hochgebirges liegen die Täler. Gompas, Stätten des tantrischen Buddhismus säumen den Weg. Om mani padme hum, das sechssilbige Mantra ist in Gebetssteine und Mauern am Wegesrand eingeritzt.

Angekommen in Delhi nehme ich den Zug. Wieder ein Abenteuer für sich: Die Eisenbahn Indiens ist die Bahn mit den meisten Fahrgästen. Eines ist über anderthalb Jahrhunderte gleichgeblieben: Sie kann die Zahl der Fahrgäste schlicht nicht bewältigen. Zehn Millionen fahren tagtäglich mit irgendeinem Zug. Dies bekomme ich dann am eigenen Leib zu spüren: Eng aneinander gepreßte Menschen, dazwischen Hühner, Kisten, Kästen, Inder, die versuchen, den Zug zu stürmen, um noch hineinzukommen, an den Fenstern hängende halbnackte Gestalten, auf dem Dach liegende Leiber - und dazwischen stecke ich mal wieder, eine Hand an meinem Rucksack, einen Ellenbogen in Augenhöhe, um mir 20 cm Freiraum zu erhalten, über mich steigende Menschen - kurz gesagt: Ein 10-minütiger Horrortrip von Old-Delhi nach Neu-Delhi.

Meine Zugreise 1. Klasse für 35 Stunden nach Goa im Liegewagen ist jedoch wieder schön und z.T.  geruhsam. Gespräche mit den Mitreisenden verkürzen und verschönern die Reise. Die Freundlichkeit der Inder fällt mir immer wieder auf und ich lerne sie mehr und mehr schätzen.

In Goa, kleinster Bundesstaat mit einer Mischung von indischem und portugiesischem Kulturgut, Badeparadies mit mediterranem Flair, habe ich das Glück, eine wunderschöne Bambushütte, 50 m vom indischen Ozean entfernt, ergattern zu können. Endlich mal eine längere Pause nach all den Reisestrapazen. Nur noch schwimmen, tauchen, einkaufen, klönen............
Mit ein paar netten Mitreisenden chartere ich nach einer Weile ein Taxi, das uns nach Mysore bringt, der Sandelholzstadt, Wohnsitz des Maharajas, der einst das Gebiet des Staates Karnataka regierte. - Tja, der Palast - das ockergelbe Gebäude mit den Zwiebeltürmen, in dem noch einige Nachfahren des Maharajas leben, imponiert uns sehr, besonders am Abend, wenn der Palast von 97.000 Glühlampen angeleuchtet wird. Wir sind verzaubert und fühlen uns um ein Jahrhundert zurückversetzt - kommen uns vor wie im Märchen aus 1001 Nacht. Doch als eine Militärkapelle den Radetzky-Marsch spielt, werden wir unsanft in die gegensätzliche Welt Indiens zurückgeholt.

7000 km Reise in diesem Staat liegen hinter mir. Ein Staat mit 17 offiziellen Sprachen, in wenigen Jahrzehnten das bevölkerungsreichste Land der Erde mit 2 Milliarden Einwohnern, 7 großen Religionen - der Hinduismus ist vor allem von besonderer Bedeutung, da er einer philosophischen Denkweise unterliegt und für mich eine erstrebenswerte Lebensart darstellt. Indien ist gleichzeitig atemberaubend schön bis abgrundtief häßlich, stinkreich bis bettelarm, herrlich entspannend bis tödlich nervend. In jedem Fall ließ Indien mich nie kalt, sondern berührte mich in jeder Situation auf angenehme bis unangenehme Weise. Für mich ein Land mit einer noch nie erlebten Faszination.

Wehmütig besteige ich nach 6 Wochen den Flieger in Bombay mit einer bleibenden Sehnsucht und
einer Gewissheit: Es wird nicht mehr viel Wasser den Ganges hinabfließen, bevor ich wiederkomme........

Annette Weirich (1998)
(leider nur noch Papierbilder vorhanden)





Du rüttelst mich auf den Straßen und

läßt mich nicht schlafen,
du schüttelst mich in den Zügen und stellst
meine Geduld auf die Probe.

Du zerrst an meinen Nerven, niemals kann man
ungestört in der Straße entlang laufen,
Du willst mir ständig etwas aufdrängen,
oder einfach nur Almosen.

Du stellst meinen Geschmackssinn auf die Probe
und wie viel Schärfe ich vertrage.
Du forderst mich zum Probieren auf von all Deinen
seltsamen Speisen und Früchten.

Du reizt meine Nerven, mit Lärm und Gehupe
sowie meine Nase mit Deinen Abgasen.

Du erstaunst mich mit Deiner Fremdartigkeit
und so vielen skurrilen Dingen.

Du stellst meine Gutmütigkeit auf eine harte Probe.

Du verlangst mir viel ab und veränderst mich,
deshalb liebe ich Dich

m y               I   n   d   i   a
                                                                          

4. Mai 2016

Marokko - Teil 11 - Heimweg

Seit Anfang dieser Woche, also dem 2.5.16 bin ich bereits in Hannover und jetzt will ich euch doch noch den relativ unspektakulären Rückweg durch Spanien und Frankreich schildern.

Nach den schönen Tagen in Punta Paloma bei Tarifa in Spanien mache ich mich auf einer langen Tagestour in den Nationalpark Cabo de Gata über Almeria. Ich stehe ruhig, abseits, direkt am Steinestrand. Es wird windig, immer windiger, schließlich wird es abends ein Orkan. Wer noch weiß, wie die Costa Del Sol aussah, bevor die Bulldozer anrückten, würde wahrscheinlich sagen, dass sie ein wenig dem Cabo de Gata gleicht. Einige der schönsten und einsamsten Strände Spaniens erstrecken sich zwischen spektakulären Steilfelsen und Kaps östlich von Almeria Stadt. Die Gegend hat immer noch etwas Wildes und Ursprüngliches. Es gibt hier noch Fischerdörfer mit unaufdringlicher Atmosphäre. 

Kurzübernachtung in Aguilas, 5 m vom Meer entfernt. Wetter sonnig, aber abends immer kalt. 
Ja, und dann MUSS ich natürlich zur legendären, in Deutschland unter "Freisteherliebhabern" sehr bekannten "Ziegenwiese" in der Nähe von Mazarron. Ich bin gespannt, ob es wirklich so toll ist, wie oft beschrieben. Die Fahrt dahin geht erst mal lange durch die üblichen "Plastikfelder" mit Tomaten. Ich bin ziemlich entsetzt. Na, mal abwarten. Dann bin ich da und habe auch sofort mit einem österreichischen Pärchen Kontakt Es stehen ca 20 bis 30 Womos dort, mehr als 2/3 aus Deutschland, oh my Goodness, das ist ja was für mich. Angeblich soll der Platz aber sonst einigermaßen europäisch belegt sein, na ja. Steinestrand, dunkler Sand. Es gibt sicher auch einige positive Aspekte, die ich aber weniger entdeckt habe. Es sind sowohl die üblichen Plastikautos mit entsprechender Besetzung (:-)) vorhanden als auch ein freakiger SchrottLKW mit Aussteigerin. Ich kann mir vorstellen, dass man als Gruppe dort sicher ein paar Tage Spaß haben kann, aber das für 6 Monate? Au weia! 

Figueras steht an. Stehe auf dem ebenfalls bekannten Platz des alten Forts. Sehr gefährlich, sage ich nur, wegen Gefahr des Ausraubens. Die Polizei fährt ständig dort herum und warnt die Wohnmobilisten. Ich bleibe eine Nacht zusammen mit anderen Womos. Niemals würde ich dort alleine übernachten.  Besuche wieder einmal mein Lieblingsmuseum Dali und düse am Nachmittag noch ins 40 km entfernte Frankreich. Puh, also Spanien unausgeraubt überstanden, was wirklich ungewöhnlich ist. Also - Autosicherung in Planung! 

Frankreich ziemlich schnelle Durchfahrt, Wetter wird immer kälter und ungemütlich. Habe keine große Lust auf Besichtigungen mehr. Noch Albi und Toulouse Lautrec, dann ca 1000 km Autobahn über Paris direkt nach Jülich bei Aachen und Germany hat mich wieder. Kurzbesuche in Köln und am Niederrhein folgen und ich lande im schönen (?!) Hannovi. 

Insgesamt gefahrene Kilometer: 9000,  immerhin ohne jeglichen Kratzer, weder am Auto, noch an Person. Flohschaden behoben, Stiche weg. Bleibt nur noch der vorher schon bestandene Dachschaden, aber den kennt ihr ja. 

Planung 2017: Iran. Gestaltet sich schwieriger als erwartet auf Grund von Carnet de Passage für Auto, 15.000 Euro Hinterlegung für Womo bei Konsulat Iran plus Visagebühren, Versicherung für Mensch und Auto. Mal sehen, ob und wie ich das regele. Vielleicht Auto bis Osttürkei Grenze Iran, stehen lassen, zu Fuß über Grenze, Auto mieten und weiter. Oder Flugzeug Teheran, Auto mieten und zurück? Mal sehen, auf jeden Fall schwierig - aber auch mal wieder eine große Herausforderung für Frau.......

Evtl folgt noch demnächst ein Post mit der Rezension für das Därrbuch.

Stürmischer Platz mutterseelenallein in Cabo De Gata. Um 3.00 Uhr morgens verlasse ich diesen Platz, da ich Angst habe, dass die Hexenkutsche vom Orkan umgestoßen wird. Wär ja eigentlich egal, da Hexen bekanntlich fliegen können, wenn da nur nicht das Problem mit dem Autotransport auf dem Besen wäre....


Abends noch ein toller Sonnenuntergang 

Ich bin auf der legendären Ziegenwiese bei Mazzaron. Man kann dort in jede Richtung weit wandern. Die Wiese selber hab ich nicht fotografiert, da sie für mich wenig spektakulär ist. 

15 min entfernt hat man einen Palmenstrand angelegt. Ansonsten besteht der Strand aus dunklem Sand mit Steinen. Eine Bude zum Saufen ist natürlich auch da. Irgendwie kommt mir der Gedanke eines "Malllllllorca- (mit mindestens 10 el's) Saufortes" für Wohnmobilisten. Einige stehen dort ein paar Tage, Andere bleiben ein halbes Jahr dort. Wie man sieht, auch hier oft stürmisch und auch kalt. Aber angeblich die wärmste Ecke Spaniens. 

Das Hinterland der Ziegenwiese besteht, wie überall in dieser trockenen Gegend, aus mit Plastik überzogenen Tomatenfelder. Tja, und wenn dann Felder aufgelöst werden, weil man sie für etwas Anderes nutzt, bleibt schwarzes Plastik über, das durch den ständig starken Wind überall verstreut wird. Also, auf Ziegenwiese nur nach vorne aufs Meer und zur Seite auf die schönen Hügel schauen, nicht umdrehen. Scheint die vielen deutschen Womos nicht zu stören, Hauptsache, man kann kostenlos, von Polizei unbehelligt, monatelang dort im Winter stehen.  

Das entzückende spanische Örtchen Peniscola, 
Einfach zu merken: Penis und Cola. 



Das Örtchen liegt auf einer Halbinsel, umgeben von Wasser. Auch hier noch stürmisch. Ich finde Ohrringe, Ringe, usw. : Dali, Picasso und Miro. Ich werde wahnsinnig und kaufe den halben Laden leer (natürlich übertreibe ich....)

Auch bei meinem 2. Besuch in Figueras im Dalimuseum bin ich wieder hin und weg! Was für ein durchgeknalltes Museum eines Genies im Wahnsinn! 





Natürlich darf die fließende Uhr nicht fehlen! 

....und seine berühmten Eier auf dem Dach! 



Albi, Frankreich, mit der berühmten Kathedrale 

Toulouse Lautrec hat die Stadt bekannt gemacht 

Ein paar seiner bekannten Bilder 

Städtchen ist süß.





Und jetzt ist erst mal Hannover angesagt- mit wunderschönem Maiwetter! 





















17. April 2016

Maroko - Teil 10 Viva Espagna

Kurze Meldung:

Bin nach Moulay Bousselham noch nach Asilah gefahren, damit ich morgens nur noch 30 km zu fahren habe bis zur Fähre. Marokko ist lange toll, aber bei mir ist der 100%ige Fluchtwunsch nach 8 bis max. 10 Wochen. Das Land ist wirklich klasse, aber dann muss ich raus - und zwar schnell.

Vorher glücklicherweise kein Ticket nach Spanien per Internet gekauft, absolut unnötig. Meine persönliche, absolut beste Fährlösung: 

Abfahrt Assilah: 8.00 h, 30 km Autobahn
Ankunft Fährhafen Tanger Ville: 9.00 h (Verkehr und Durchfahrt in Tanger nicht nett durch Straßenneubau, aber geht)
Ticketkauf mit Einchecken, Formalitäten: 15 Minuten, Ticket mit Auto, 1 Person, Schnellfähre 130 Euro 
Warten, Autoscannen, mit Hund Auto checken: 30 Minuten, ca 25 Autos, 1 (meins) Wohnmobil 
Abfahrt Fähre mit 15 min. Verspätung: 10.15 h
Fahrtdauer Fähre: 35 Minuten plus Auschecken 
Ankunft Lidl in Tarifa einschl 100 % Glückseligkeit: 11.30 h
Ankunft auf Stellplatz Punta Paloma: 12.30 h 

Gesamt Dauer der Aktion von Camping Marokko  bis Stellplatz Spanien, einschl Einkauf Lidl :   4 1/2 Stunden. 
Unübertroffene Schnelligkeit und der unkomplizierteste Länderwechsel zwischen Europa und Afrika. 
Nicht zu überbieten. 

Wusste bis jetzt nicht, was ein blöder Lidl für Glückseligkeit hervorrufen kann. Ich schwelge in Schinken aller Art, Putenschnitzel, Käse, Alster und weiteren Köstlichkeiten. Der Himmel auf Erden! 
Bin an gleichem, langen, mit vielen Dünen versehenen Strand wie vor 2 Jahren, in Punta Paloma, ca 9 km von Tarifa entfernt. Ein einziger Traum. Gibt nur eine Frage: was esse ich als Erstes und wie sorge ich dafür, mich nicht zu überfressen. 
Ok, ich schaffe es. Bleibe 5 Tage und genieße das europ. Leben......

Auto wird auf Personen gescannt. Brauchen die aber keine Sorge zu haben, habe selber in jede Ritze geschaut, damit sich auch nur ja kein afrikanisches Männlein darin versteckt. 

Wie schön: es geht raus aus Tanger. 

Punta Paloma, Surfstrand., daneben Pig Farm, Freakstrand für Aussteiger.
Ich stehe aber auf befestigtem Parkplatz, da ich mich nicht festfahren möchte im tief zerfurchten Boden 



Ausblick aus dem Auto